Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzende der Unionsfraktion (CDU), hat Forderungen aus seiner Partei widersprochen, das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 aufzugeben. „Angesichts des fortschreitenden Klimawandels bleibt auch Klimaschutz eine herausragende Aufgabe“, sagte der zuständige Fraktionsvize dem Nachrichtenportal „T-Online“. „Es ist kein Jahr her, seit wir uns im Wahlprogramm und Koalitionsvertrag zur Klimaneutralität 2045 bekannt haben.“
Angesichts der wirtschaftlichen Situation brauche es beim Klimaschutz „Planungs- und Investitionssicherheit mit stabilen und verlässlichen Rahmenbedingungen“ und gleichzeitig „pragmatische Wege zur Umsetzung“, sagte Jung. „Das Ziel steht also, wir werden es aber nur erreichen, wenn wir Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und sozialen Ausgleich unbedingt miteinander verbinden.“
Zuvor hatte der CDU-Politiker Tilman Kuban die deutsche Klimaneutralität 2045 infrage gestellt. „Wenn wir bis 2045 80 Prozent schaffen, wäre das großartig“, sagte Kuban der „Welt“. „Erst dann sollten wir neu diskutieren, wie wir mit den restlichen 20 Prozent verfahren und zu welchen Kosten.“
Am Montag bekräftigte Tilman Kuban seine Forderung. „Wir laufen Gefahr, unser Land zu deindustrialisieren – und damit nicht nur Arbeitsplätze in der Wirtschaft zu verlieren, sondern auch den Zusammenhalt Europas“, sagte Kuban dem zu „T-Online“. „Von vielen Kollegen aus Frankreich, Polen und anderen osteuropäischen Ländern wird sogar das Klimaziel 2050 infrage gestellt – an Klimaneutralität 2045 denkt dort niemand.“ Klima- und Industriepolitik müssten pragmatisch und realistisch zusammen gedacht werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2021 in seinem Klimaurteil eine Pflicht zur Herstellung von Klimaneutralität aus Artikel 20a des Grundgesetzes abgeleitet. Deutschland steht Karlsruhe zufolge ein CO2-Budget zur Verfügung, das sich am Pariser Klimaabkommen orientiert und nicht überschritten werden soll. Nach 2045 dürfte also nur dann CO2 ausgestoßen werden, wenn dann noch ein Rest des Budgets übrig ist. Dafür wären jedoch davor drastische CO2-Einsparungen nötig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Urteil gegen die Schweiz 2024 ebenfalls einen Budget-Ansatz gewählt.
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