Berlin (dts) – Nach dem vorläufigen Stopp des Gebäudeenergiegesetzes durch das Bundesverfassungsgericht hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Ampel-Koalition zur Rückkehr zu den üblichen parlamentarischen Zeitabläufen aufgerufen. „Wir müssen ohne Zweifel wieder stärker darauf achten, in normalen Verfahren zu arbeiten“, sagte Lemke der „Welt am Sonntag“.
Mit Blick auf die zu kurzen Beratungsfristen beim sogenannten Heizungsgesetz und auf andere eilige Gesetzgebungsverfahren der Koalition fügte sie hinzu: „Es liegt auf der Hand, dass das keine Dauerlösung sein kann.“ Dass die Bundesregierung in den vergangenen Monaten den Abgeordneten, den Bundesländern und auch den jeweils betroffenen Verbänden „mit oft sehr kurzen Fristen eine Menge zugemutet“ habe, liege an den gegenwärtigen „krisenhaften Zeiten“. In denen bestehe „die gemeinsame Verantwortung, diese Krisen zu bewältigen und zugleich das Ziel einer klimaneutralen Zukunft konsequent im Blick zu behalten“, so die Grünen-Politikerin. „Das hat zu einer immensen Arbeitsdichte in der Gesetzgebung geführt.“
Eine Mitschuld trage aber auch die Ampel-Regierung. „Die Koalition hat durch ihre Aushandlungsprozesse dann leider auch noch einen zusätzlichen Anteil an dieser Entwicklung“, sagte Lemke. Auch sonst ist sie mit dem Erscheinungsbild der Ampel nicht zufrieden: „Die Koalition hat in den letzten Wochen kein sehr effizientes Bild abgegeben“, sagte die Ministerin. Ein Grund seien „herausfordernde Zeiten“ mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, „einer drohenden Energiekrise im letzten Winter, mit zum Teil gestörten Lieferketten, der Bewältigung der Pandemie und der Transformation, die wir uns vorgenommen haben“.
Aber, so Lemke weiter: „Eine zweite Erklärung ist auch, dass diese Koalition von drei Parteien getragen wird, die in Teilen sehr unterschiedlich sind. Wir sollten und müssen unser Erscheinungsbild verbessern und mehr das Gemeinsame verfolgen und das auch nach vorne stellen.“ Mit dem Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz in seiner aktuellen Form zeigte sich Lemke zufrieden. Es sei „Verbraucherschutz“, sagte Lemke, „denn es schützt die Menschen vor etwas, das sie später bitter bereuen würden, nämlich den Einbau einer Heizung, für die das Öl oder das Gas in Zukunft teuer werden wird, und deren volle Lebensdauer man vielleicht gar nicht mehr ausschöpfen kann, weil sich die Rahmenbedingungen so stark ändern“.
Die Regierung habe anfangs jedoch nicht deutlich gemacht, dass die geplanten Vorgabe mit einem sozialen Ausgleich verbunden werden sollten. „Die soziale Flankierung, der Ausgleich für Menschen mit kleinem Geldbeutel, war zwar von Anfang an geplant, ist aber leider erst mal völlig hinten runtergefallen. Was auch daran lag, dass eine ganz frühe unausgegorene Entwurfsfassung an die Öffentlichkeit gelangt ist“, sagte Lemke. „Das erschwerte die Diskussion über den ganzen Themenkomplex.“
Zudem habe die Regierung die Klimaschutz-Intention des Gesetzes nicht klargemacht. „Wir haben versäumt nachvollziehbar zu begründen, warum wir das machen. Es ist zum Beispiel ein schwerer Eingriff in die individuelle Lebensqualität, wenn es in Deutschland 40 Grad und noch heißer wird. Darunter leiden sehr viele Menschen. Deshalb müssen wir uns vor der Klimakrise schützen“, sagte die Umweltministerin.
„Jetzt geht es darum, dass wir das Gesetz verabschieden und es dann in der Realität seine Wirkung entfaltet. Das ist die wirklich große Herausforderung“, so Lemke.
Foto: Steffi Lemke, über dts Nachrichtenagentur