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Ammerland

„Es kann zu vermeidbaren Todesfällen kommen“ – Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte schlägt Alarm

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat sich gegenüber den ON ausführlich zu der aktuellen Situation rund um das RS-Virus geäußert. Dr. Tanja Brunnert beklagt vor allem das Desinteresse der Politik.

Immer mehr Kinder infizieren sich mit dem RS-Virus. Volle Arztpraxen und Kliniken sind derzeit normal. Die Pressesprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte BVKJ Niedersachsen und stellvertretende Bundespressesprecherin, Dr. Tanja Brunnert, schlägt jetzt gegenüber unserer Redaktion Alarm: „Wir haben derzeit kaum noch Kapazitäten in der ambulanten Versorgung. Es gibt in den Krankenhäusern nur noch wenig freie Betten und viele Betten sind nicht zu belegen, da Personal und Finanzierung fehlen.“ Die praktizierende Ärztin nahm sich nach einer 12-Stunden-Schicht Zeit für die ON und gab Einblicke in ihre tägliche Arbeit. Brunnert kritisierte vor allem die Politik: „Die Politik lässt uns im Stich. Sehenden Auges wird das System der medizinischen Versorgung mit Karacho vor die Wand gefahren.“

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Dr. med. Thela Wernstedt, hält dagegen und macht deutlich, dass sich auch die politisch Verantwortlichen intensiv mit der angespannten Lage beschäftigen: „Die Situation in den niedersächsischen Kinderkliniken wegen der hohen RSV-Infektionszahlen beschäftigt uns. Wir nehmen die aktuellen Meldungen ernst und beobachten die Entwicklung weiter sorgfältig. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist die Situation angespannt, aber beherrschbar. Die Krankenhäuser in Niedersachsen gehen mit der derzeitigen Lage sehr verantwortungsbewusst um und werden von der Landesregierung nach Kräften unterstützt.“

Kein Vergleich mit Corona

Zwar sind die Zustände aufgrund vermehrter RSV-Infektionen angespannt, doch ähnlich dramatische Zustände wie in der Hochphase von Corona, wird es laut Dr. Tanja Brunnert nicht geben: „Natürlich kann es durch die momentan absolut schlechte Versorgung realistisch betrachtet zu vermeidbaren Todesfällen kommen. Aber im Vergleich zu den Zuständen zum Beispiel in Bergamo zu Beginn der Pandemie, ist der weitere Verlauf der Situation um das RSV überhaupt kein realistisches und vergleichbares Szenario. Wir haben schon immer mit RSV-Infektionen zu tun gehabt, allerdings konnten wir die Kinder früher besser versorgen.“ Dass sich die Kinder vor allem in der KiTa anstecken, ist laut Brunnert völlig normal. Dementsprechend sollte man jetzt nicht auf die Idee kommen, Einrichtungen zu schließen, betont die Ärztin: „Gerade die KiTa ist schon immer ein Infektionsherd gewesen. Natürlich stecken sich Kinder hier in Gruppen genauso wie Erwachsene eher an. Die Frage ist doch: Was bedeutet das? Zunächst noch gar nichts. Das Immunsystem muss durch Kontakte zu Erregern geschult werden, ebenso wie durch die erforderlichen Impfungen. Schlecht ist doch nur, dass wir genau dies den Kindern zwei Jahre lang verwehrt haben. Wir sollten jetzt nicht den gleichen Fehler machen und dies wieder fordern.“

Ähnlich sieht es auch Thela Wernstedt: „RS-Viren sind jedes Jahr im Umlauf, die Verbreitung ist in diesem Jahr – wie schon in der vergangenen Saison – stärker, da die Kinder zuvor durch die Coronaschutzmaßnahmen auch vor dem RS-Virus geschützt waren. Das Virus kann bei manchen Babys und Kleinkindern eine schwere Erkrankung auslösen. Es gibt erste Anzeichen, dass der Höhepunkt der Infektionswelle bereits überschritten ist. Insgesamt ist nicht von einer pandemischen Entwicklung auszugehen.“

Kinder frühzeitig zu Hause lassen

Für besorgte Eltern hat Dr. Tanja Brunnert auch einen Rat: „Wenn Ihr Kind nur banal an Schnupfen und/oder Husten leidet, dabei noch relativ fit ist: zu Hause bleiben, schonen, ggf. fiebersenkende Maßnahmen und Nasentropfen geben. Wenn das Kind anhaltend fiebert oder in reduziertem Allgemeinzustand ist, kontaktieren Sie Ihren Kinder- und Jugendärzt*in.“

Habt ihr schon Erfahrungen mit dem RS-Virus gemacht? Schreibt uns gerne eine Nachricht an meinung@oldenburgernachrichten.de!