Wenn es nach dem Bauamt des Landkreises Ammerland ginge, würde die seit einem Monat bestehende Dauermahnwache gegen den Bau der A20 diesen Mittwoch geräumt werden. Seit dem 17. Mai ist das Protestcamp in Garnholt nahe Westerstede eine durch das breite Bündnis Moor bleibt Moor angemeldete und genehmigte politische Versammlung. Aktivist:innen vor Ort wollen den Bau der sogenannten „Küstenautobahn” verhindern und wertvolle Ökosysteme, vor allem Moorgebiete, durch die sie führen soll, vor der Zerstörung bewahren. Nach ihrer Ansicht sei die A20 nicht nur der mit mindestens 6-7 Milliarden Euro Baukosten teuerste Autobahnbau, sondern auch der klimaschädlichste Deutschlands.
In der vergangenen Woche erhielt der solidarische Landwirt, der den Aktivist:innen die Wiese zur Verfügung stellt, erneut Post von dem Amt für Bauwesen und Kreisentwicklung des Landkreises Ammerland, das die Kundgebung von Beginn an aufgrund angeblicher baurechtlicher Verstöße verbieten lassen möchte.
In dem Schreiben setzte das Amt dem Eigentümer eine Frist von sieben Tagen, die bis zum heutigen Dienstag läuft, das sogenannte „Zeltlager” zu entfernen. Ansonsten drohte es eine polizeiliche Räumung und ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro an.
„Hier wird versucht, legitimen und notwendigen Protest für Klimagerechtigkeit zu kriminalisieren. Anstatt einen Kurswechsel, der eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen ermöglicht, einzuleiten, versucht die Politik, unseren Protest durch juristische Repressionen zu zerschlagen. Das ist inakzeptabel und wir werden uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren“, erklärt Mischa Lauterbach.
“Versammlungsrecht vor Baurecht – 20a statt A20” heißt es auf einem Banner bei der Kundgebung vorm Kreishaus Ammerland.
Die Aktivist*innen berufen sich auf ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das in Artikel 8 des Grundgesetzes verankert ist und klagen vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg. Dort wurde ein Eilantrag gegen den Bescheid des Bauamts eingereicht. Dieser hat eine aufschiebende Wirkung auf den angeordneten Sofortvollzug. Die Mahnwache auf der geplanten Autobahntrasse wird also erstmal bleiben dürfen, bis eine gerichtliche Entscheidung vorliegt. Auch gegen eine Beschränkung durch die Polizeidirektion Oldenburg, die die Versammlung während der Nachtzeit verbietet, wird geklagt. Eine Genehmigung war lediglich bei Tageslicht erteilt worden. Das Bündnis Moor bleibt Moor sieht gute Chancen, die Verfahren für sich entscheiden zu können.
„Dem Bauamt scheint offenbar nichts mehr peinlich zu sein: Es argumentiert gegen die Errichtung eines Zeltlagers auf der geplanten Autobahntrasse und behauptet, dass die “natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt” wird. Meint es wirklich ernsthaft, dass eine Autobahn die natürliche Eigenart der Landschaft nicht beeinträchtigen würde?“, argumentiert Claudia Kuiper.
Um die Stimme des Protestes, den der Landkreis Ammerland ganz offenbar so klein wie möglich halten möchte, direkt an den Ort zu tragen, von dem die juristischen Repressionen ausgehen, wurde am gestrigen Montag eine Kundgebung vor dem Kreishaus in Westerstede abgehalten. Bei der Mahnwache wurden Transparente und Banner aufgehängt und Informationsmaterial zur geplanten A20 verteilt. Das Ziel der Aktivist*innen war es auch, mit Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Frei nach dem Motto „Wer Protest verbieten will, bekommt ihn direkt vor die Tür” wurde auch ein demonstratives Zelt vor dem Kreishaus in Westerstede aufgebaut.
„Der Widerstand gegen die A20 ist größer als je zuvor. Das zeigte die große Fahrradsternfahrt vor zehn Tagen, bei der 1000 Menschen aus dem ganzen Nordwesten zusammenkamen, um für eine Verkehrswende und gegen die A20 zu demonstrieren.
Das Camp wird bleiben und größer werden. Legitimer Protest lässt sich nicht verbieten – und der Versuch macht ihn nur stärker. Wir bleiben, bis das Irrsinnsprojekt A20 gestoppt ist“, so Stefan Mester.