Alles dichtmachen oder seid ihr noch ganz dicht?
Meinung. Unter dem Hashtag #Allesdichtmachen findet momentan eine Kampagne statt, die sich über die Coronamaßnahmen der Bundesregierung lustig macht.
Mit dabei sind bekannte Schauspieler:innen wie Jan Josef Liefers, Heike Makatsch und Ulrike Folkerts. Die kurzen Videos wurden auf einem Youtube Kanal hochgeladen und führten innerhalb kürzester Zeit zu starker Kritik. Doch warum werden diese Videos als so problematisch wahrgenommen?
Zunächst erscheint es in Anbetracht der aktuellen Coronasituatioen extrem unangebracht, sich über die Pandemie lustig zu machen. Während Intensivstationen überfüllt sind, zu wenig Impfdosen vorhanden sind, und Menschen nach wie vor an diesem Virus sterben ist es zynisch, sich über das Tragen von Masken lustig zu machen. Der „Humor“ der Videos funktioniert immer auf die gleiche Weise. Die Schauspieler:innen betonen, wie gut sie die Maßnahmen finden und fordern eine Verstärkung, die so absurd ist, dass sie die zuvor unterstützte Maßnahme ins Lächerliche zieht. So betont Heike Makatsch in ihrem Video, dass sie mittlerweile nicht einmal mehr Paketboten oder Pizzalieferanten die Tür öffnet, auch wenn sich nun vor der Tür die Pakete oder Pizzen stapeln. Dadurch zieht sie das Konzept des Social Distancings auf eine Art und Weise ins Lächerliche, die geschmacklos ist, wenn man bedenkt wie viele Menschen unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden.
Den Vogel schießt jedoch Jan Josef Liefers ab. In seinem Video „bedankt“ er sich zunächst bei den Medien für ihre Berichterstattung, die zu Panik und Alarm in der Bevölkerung führt. Ironisch begrüßt er einen angeblich fehlenden, kritischen Diskurs zur Coronapandemie, denn „Schließlich wissen nur ganz wenige Spezialisten was wirklich gut für uns ist“. Damit schlägt Liefers in die gleiche Kerbe, wie es Querdenker:innen und Verschwörungstheoretiker:innen seit Beginn der Pandemie tun: Die Presse ist gleichgeschaltet und Expert:innen und Virolog:innen kommen nur zu Ergebnissen, die der Bundesregierung genehm sind. Die Idee der Lügenpresse ist nicht nur faktisch falsch, sondern auch gefährlich, denn sie ist Wasser auf den Mühlen antidemokratischer, wissenschaftsfeindlicher Gruppen und Parteien. Am Ende des Videos schließt Liefers mit den Worten: „Verzweifeln Sie ruhig, aber zweifeln Sie nicht“ und bringt die verschwörungstheoretische Ideologie des Videos damit auf den Punkt. Er tut so, als würden Maßnahmenbefürwortende nicht kritisch denken und, als wäre das Einhalten der Coronaregeln auf fehlendes, kritisches Hinterfragen zurückzuführen.
Damit liegt er genauso falsch wie all die Schauspieler:innen, die in den Videos mitgewirkt haben. Was sie nämlich übersehen haben ist, dass das Einhalten der Coronaregeln Solidarität bedeutet. Durch das Tragen von Masken, Einhalten von Abständen und Einschränken sozialer Kontakte schützt man nicht nur sich selbst, sondern auch Andere. Das bedeutet nicht, dass man die Maßnahmen der Bundesregierung nicht kritisieren kann und soll. Öffnung von Schulen, fehlende Homeoffice-Pflicht und bürokratisches Wirrwarr beim Impfen, das sind nur einige der Dinge, die man anprangern könnte und, die, nebenbei bemerkt, von diversen Medien und Expert:innen gegenüber der Bundesregierung kritisiert werden.
Die Website zu der Kampagne ist zurzeit nicht erreichbar und einige der Videos bereits gelöscht. Jan Josef Liefers veröffentlichte eine Stellungnahme zu den Videos auf Instagram, in der er sich von Querdenker:innen und der AfD distanziert. Er stünde keiner Partei ferner. Das mag stimmen, ist aber eigentlich völlig unerheblich. Das Problem ist ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein für die Reichweite, die diese Promis haben, und ein grundsätzliches Taktgefühl. Gerade, wenn es um eine Pandemie mit weltweit mittlerweile 3 Millionen Todesopfern geht.